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Die Mobilmachung, ab 1939, verlief auf Vlieland ruhig. Abgesehen von einigen überfliegenden Flugzeugen, passierte auf der Insel nichts. Auch vom Einmarsch der deutschen Truppen in die Niederlande war auf Vlieland wenig zu spüren. Am 18. Mai 1940 wurde das Kapitulationsprotokoll unterzeichnet. Von diesem Tag an war die Insel der Wehrmacht unterworfen.
Parade und Inspektion der niederländischen Truppen durch den Bürgermeister von Vlieland.
Die mehr als 240 mobilisierten niederländischen Soldaten konnten kurz darauf nach Hause zurückkehren, ohne auch nur einen einzigen Schuss auf den Feind abgegeben zu haben. Die deutschen Besatzer kamen in Scharen auf die Insel. Vlieland zählte nur etwa 500 Einwohner, gegen eine Besatzungsmacht von fast 1000 Deutschen.
Genau wie auf den anderen Watteninseln begannen die Deutschen auch auf Vlieland sofort mit dem Bau von Batterien für die Küsten- und Flugabwehr. Für die Flugabwehr wurden sogenannte Flaks (Flug- bzw. Fliegerabwehrkanonen) genutzt. Die Batterien waren Teil des Atlantikwalls.
Im am westlichsten gelegenen Dünengebiet Vlielands wurde die Westbatterie errichtet, mehr als 10 km vom Dorf entfernt. Innerhalb von zwei Jahren entstand dort ein Komplex aus mehr als 57 Bauten aus Beton und Stein sowie einer Anzahl von Konstruktionen aus Holz und Wellblech.
Flugabwehrgeschütz der Ostbatterie.
Versammlungsplatz der Ostbatterie.
Auch auf der Ostseite der Insel wurde eine Flakbatterie gebaut, und zwar an der Stelle, an der die niederländische Marine 1917 bereits eine Stellung errichtet hatte. Die vierzehn niederländischen Bauten wurden auf insgesamt 56 erweitert.
Das FuMG 39T auf der Ostbatterie. Dieses Foto entstand nach der Befreiung und zeigt Männer der niederländischen Inlands-Streitkräfte (NBS) sowie englische Soldaten.
Während der Besatzungsjahre wurden die Vlielander in ihrer Freiheit zunehmend eingeschränkt. Volksversammlungen mit mehr als zwanzig Personen wurden verboten und auch das unnötige Verweilen auf der Straße war nicht erlaubt. Auch das Lichtsignal des Leuchtturms wurde abgeschaltet. Der Strand war zunächst begrenzt, später überhaupt nicht mehr zugänglich.
Ein deutscher Matrose posiert am Leuchtturm. Die Aufnahme entstand zu Beginn des Krieges, als der Leuchtturm noch nicht in Tarnfarben gestrichen war.
Deutsche Soldaten konnten zu dieser Zeit ihre Freizeit noch am Strand genießen.
Vor dem Verlassen des Hafens mussten Einwohner sich melden und wer zum Fischen rausfahren wollte, benötigte einen speziellen Ausweis. Die Vlielander waren im Wesentlichen in ihrem Dorf eingesperrt. Man versuchte auf den Watteninseln jedoch, den lieben Frieden weitestgehend zu bewahren, auch auf Vlieland. So war auch der Umgang mit den Deutschen meistens angenehm, wie Janne de Boer-Bakker erzählt:
Während des Krieges herrschte im Hafen noch immer Hochbetrieb. Neben den Fischereischiffen und Muschelsaugern, die den Hafen nachts anfahren mussten, liefen regelmäßig von Schleppern gezogene Tjalken und Lastkähne in den Hafen ein. Diese brachten vor allem Fracht für die Besatzungstruppen.
Deutsche Soldaten löschen einen Frachter im Hafen von Vlieland.
Doch nicht immer verlief alles so harmonisch zwischen den Inselbewohnern und den Besatzern. Johannes de Boer berichtet über seine Erfahrungen mit den Deutschen:
“[...] Jeden Tag, wenn ich in den Hafen einfuhr, kam ein Deutscher an den Steg und sagte: 'Einen für den Kommandanten und zwei für mich.' Ich war kaum eingelaufen, da stand er schon da. Er war Mitglied der Grünen Polizei, was blieb mir übrig. Ich hätte den Fisch auch anderswo im Dorf an den Mann bringen können. Eines Tages tat ich so, als ob ich ihn nicht sehen würde.
“ 'Du fährst nicht mehr aus dem Hafen!' ”
Ein Schiffer stand auf seinem Boot und ich begann, mich mit ihm zu unterhalten. Ich dachte nur 'Du kannst mich mal'. Auf einmal fing der Deutsche an zu schimpfen. 'Du fährst nicht mehr aus dem Hafen!', schrie er. Mein Ausweis wurde eingezogen. 'So ein Mist', dachte ich. Ich konnte nicht mehr raus zum Fischen, denn ich durfte den Hafen mit meinem Boot nicht mehr verlassen. Ich bekam keine Erlaubnis, denn ich hatte ja keinen Ausweis. Und ich hatte so ein schönes kleines Boot, mit selbstgemachtem Segel aus weißen Baumwolldiensthemden. Ein ganz hübsches Segel war das. Mit Leinöl hatte ich es wasserdicht gemacht. Nun gut, ich durfte den Hafen nicht mehr verlassen. Das dauerte einige Tage. Ich musste mich beim Kommandanten der Grünen Polizei im Hotel Golfzang melden. Da saß ich dann. Ich musste mich entschuldigen und mich in Harlingen noch einmal bei jemandem melden. Dort musste ich dann auch zwei Gulden bezahlen. [...]”
Seeminen wurden von der deutschen und englischen Marine intensiv genutzt, um Teile der Nordsee sowie die eigene Küste zu blockieren. Bei Sturm lösten sich die Minen regelmäßig aus ihrer Verankerung und wurden an Land gespült. Darüber hinaus konnten die abgetriebenen Seeminen enormen Schaden anrichten, wenn sie gegen einen Leitdamm oder ein Fährboot schlugen.
Auch Opfer des Seekriegs und der Evakuierung bei Dünkirchen wurden am Strand von Vlieland angespült. Diese Soldaten wurden auf dem Friedhof von Vlieland begraben.
Gräber angespülter französischer Soldaten, die bei der Schlacht von Dünkirchen ums Leben kamen.
Vlielander Schulkinder legen um 1950 Blumen an den Kriegsgräbern nieder. Diese damals ins Leben gerufene Tradition ist bis heute erhalten geblieben.
Obwohl die Besatzer Vlieland mit Flugabwehrgeschützen bewaffnet hatten, war es nicht immer notwendig, diese auch einzusetzen. In der Nacht vom 26. auf dem 27. August 1940 stiegen in England 110 Flugzeuge von verschiedenen Flughäfen aus auf, um diverse Ziele in Deutschland anzugreifen. Alle diese Flugzeuge mussten mit der - zu Beginn des Krieges noch notdürftigen - Navigationstechnik ihren Weg zu den Zielen finden. Es kam damals schon ab und zu vor, dass sich die Flugbesatzung verirrte. So passierte es auch einem der 110 Flugzeuge. In den frühen Morgenstunden des 27. August 1940 setzte die Hampten P4324 mit ihrem letzten Tropfen Benzin zu einer perfekten Notlandung auf der Sandplatte Vliehors an.
Die Flugbesatzung war davon überzeugt, dass sie irgendwo in Schottland gelandet war. Doch sie waren weit davon entfernt. Kurz nach dem Aufsetzen der Maschine wurden sie von Soldaten der Westbatterie in Kriegsgefangenschaft genommen. Das Flugzeug fiel unbeschädigt in deutsche Hände und wurde zum Luftwaffentestzentrum in Rechlin überführt.
In den Tagen, in denen die Maschine auf Vliehors stand, wurde sie von vielen deutschen Soldaten fotografiert.
Doch meistens tobte der Luftkrieg viel heftiger und spielte die Flak eine Hauptrolle. Am 22. März 1945 stieg die Stirling LK-209 MA-T zu einer Geheimmission auf. Ziel war das Abwerfen von Waffen, Munition und anderer Waren für den Niederländischen Widerstand. Dieser Abwurf sollte in der Umgebung von Loosdrecht stattfinden. Doch dazu kam es nicht. In der Nacht vom 24. März 1945 stürzte die Stirling in den Dünen von Vlieland, nördlich des Waldgebiets Bomenland, ab. Das Flugzeug war unter Beschuss genommen und von der Flak der Ostbatterie getroffen worden. Nur eines der sieben Besatzungsmitglieder überlebte den Absturz.
Das Lichtsignal des Leuchtturms wurde ausgeschaltet, um es der Royal Navy nicht zu leicht zu machen. Während der Besatzung wurde das Licht nur eingeschaltet, wenn ein deutscher Konvoi nördlich der Watteninseln vorbeifuhr. Und auch nur dann, wenn sich der Konvoi auf der Höhe von Vlieland befand.
Der Leuchtturm wurde von den Besatzern hauptsächlich als Beobachtungsposten genutzt. Die kennzeichnende rote Farbe wich schnell einem - von den deutschen entlang der Küste oft verwendetem - Tarnmuster.
Wilhelm Dedy von der Marine am Telefon auf dem Ausguck des Leuchtturms.
Wilhelm Dedy auf dem Ausguck.
Am 4. Juni 1944 wurde der Leuchtturm von alliierten Jagdflugzeugen beschossen. Dabei wurden die Außenverkleidung und die Haube durchlöchert, 33 Außenfenster zerschossen und fast alle Linsen und Fenster im Ausguck zerstört.
Leuchtturmwärter Klaas Roos schaut durch ein Loch, das beim Angriff von englischen Flugzeugen in das Glas geschossen wurde.
Als die Leuchtturmwärter ihren Turm im Juni 1945 wieder betreten konnten, fanden sie einen riesigen Trümmerhaufen vor. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, kurz darauf bereits wieder das Lichtsignal des Leuchtturms zu entzünden. Erst nach 1947 erhielt der Turm seine ursprüngliche rote Farbe zurück.
Der Leuchtturm nach dem Krieg, noch immer in Tarnfarben.
Die Watteninseln waren noch besetzt, als der Rest der Niederlande bereits befreit war. Das 3. Medium Regiment der Royal Artillery erhielt bei seiner Ankunft am 26. Mei 1945 in Den Helder den Befehl, mit sechzig Mann die deutsche Garnison auf den Inseln Vlieland, Terschelling und Ameland zu entwaffnen. Diese Einheit erhielt den Namen „Jaffa-Force“ und stand unter dem Kommando von Captain J.D. Johnston.
Am 29. Mai wurde die Jaffa-Force von Den Oever aus nach Terschelling gebracht. Dort bekam der deutsche Kommandant zu hören, dass Captain Johnston von diesem Moment an Kommandant der drei Inseln sei. Am Morgen des 31. Mai wurde Leutnant Frederic Squire zusammen mit fünf Soldaten nach Vlieland geschickt, um dort den offiziellen Machtwechsel durchzuführen. Endlich war auch Vlieland befreit!
Sijmen Kroon berichtete 1992 von seiner Begegnung mit Squire:
„An dem Morgen war ich mit Juri Kuiper in einem kleinen Motorboot zum Strand gefahren, um einige schwere Baumstämme zu holen. Wunderbares Brennholz. Die Deutschen hatten mit einer Vielzahl dieser etwa fünf Meter langen Stämme den Strand verbarrikadiert, um eine eventuelle Landung der Alliierten zu verhindern.
Während wir dabei waren, die Baumstämme zu holen, kam ein Motorboot mit einigen englischen Soldaten vorbei. Wir liefen mit dem Boot mit, das im Hafen anlegte. Ein englischer Offizier stieg aus dem Boot und sprach uns an. Er erkundigte sich nach dem Kommandanten der Inlands-Streitkräfte. Dieser, der Hausarzt Robert Turfboer, war inzwischen hinzugekommen und die Männer gingen ins Dorf.
Das Fotogeschäft von Hommema wurde als Hauptquartiert bezogen, wohin sie dann auch den Inselkommandanten Kapitänleutnant Clementsen zitierten. Dieser erhielt Anweisungen, wie weiter zu verfahren sei. [...]“
Am 11. Juni 1945 wurden die Deutschen mit der Fähre nach Terschelling gebracht, von wo aus die gesamte Besatzungsmacht nach Wilhelmshafen transportiert wurde.
Aussicht auf die Düne am Leuchtturm, Juni 1945. Im Vordergrund die Nissenhütten, in denen ein Teil der Infanterie-Einheit der Wehrmacht untergebracht war.
Luftaufnahme des Hafens von Vlieland, die kurz nach dem Krieg entstanden ist. So sah der Hafen zu Kriegszeiten aus. Nur die Bauten auf der Pier und dem westlichen Hafendamm stehen hier bereits nicht mehr.
Stellung 12H wird in ihren ursprünglichen Zustand versetzt und zu einem hübschen Bunkermuseum. Der Küchenbunker wird zum Restaurant. Es werden bereits Führungen organisiert.
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