Im Laufe des Krieges nahm die Zahl der Bombardierungen deutscher Städte durch alliierte Formationen zu. Die norddeutschen Städte wie Emden, Wilhelmshaven, Bremen, Hamburg und Berlin wurden von den Alliierten über die Nordsee angeflogen.
Zunächst flogen die britischen Flugzeuge einzeln oder als kleine Formationen nach Deutschland. Sie wählten Anflugrouten mit möglichst wenigen Flakgeschützen. Einige Flugzeuge nutzten den Abschlussdeich als Wegweiser Richtung Osten. Andere flogen über das IJsselmeer und umgingen damit die Flakbatterien im Küstengebiet. Dennoch landete noch eine relativ große Anzahl von Flugzeugen im Wattenmeergebiet. Oft geschah dies auf dem Rückweg, wenn Flugzeuge, die über Deutschland angeschossen worden waren, den kürzesten Weg zurück nach England suchten. Die angeschossenen Flugzeuge wurden dann zur Beute für die Nachtjäger, die vom Flughafen Leeuwarden aufgestiegen waren. Diese Nachtjäger wurden von der Tiger-Stellung auf Terschelling zu den feindlichen Flugzeugen geführt; und zwar vom Analysezentrum aus, das in dem riesigen Bunker ‘Bertha’, dem Herzen der Tiger-Stellung, untergebracht war.
Es kam jedoch auch vor, dass die alliierten Formationen bereits auf dem Hinweg über der Nordsee angegriffen wurden. Nur wenige Kilometer von Vlieland, Terschelling und Ameland entfernt wurden 104 alliierte Flugzeuge über der Nordsee abgeschossen. Über dem Wattenmeer stürzten 47 Flugzeuge ab, 12 davon auf Terschelling.
Texel
Auch auf und rund um die Insel Texel wurden mehrere Flugzeuge abgeschossen. Dafür waren die Jäger des Flughafens Leeuwarden und De Kooy bei Den Helder gemeinsam mit den Flakbatterien auf Texel verantwortlich. Auf der Insel selbst stürzten 19 Maschinen ab. Heute erinnert ein Gedenkstein an verschiedenen Orten auf Texel an diese Flugzeuge. In der Nordsee und im Wattenmeer gingen weitere 29 Flugzeuge durch Angriffe deutscher Jäger unter.
Die Insel wurde 215 Mal von alliierten Flugzeugen bombardiert (Quelle: Hans Nauta, Bomben auf Texel, Bulletin SGLO 318). Die Insel besaß einen Flughafen und mehrere Flakbatterien. Dieser Flughafen wurde regelmäßig von alliierten Bombern und Jägern angegriffen. Doch die meisten Bomben stammten von Flugzeugen, die ihren Zielflug auf deutsche Städte vorzeitig abbrachen. Um doch als Einsatzflug in die Bücher einzugehen, wurde die Bombenladung dann über Texel abgeworfen, oft ohne klares Ziel.
Obwohl es der Besatzung oder einem Teil der Besatzung manchmal schon gelang, das Flugzeug vorzeitig zu verlassen, kam es doch häufiger vor, dass die gesamte Besatzung bei dem Absturz getötet wurde. Die Leichen spülten auf den Inseln an oder wurden aus den abgestürzten Wracks geborgen. Oft waren sie bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt und war es nicht möglich, sie zu identifizieren. Sie wurden dann in Massengräbern bestattet und konnten erst nach dem Krieg identifiziert werden.
Auf dem Gemeindefriedhof von Texel ruhen 167 Soldaten, die ihr Leben im Krieg verloren haben. Die meisten von ihnen sind mit ihrem Flugzeug auf der Insel selbst abgestürzt. Einige wurden an Land gespült. Die Identität von 44 Gefallenen konnte nie festgestellt werden.
Schiermonnikoog
Auf dem Friedhof 'Vredenhof' auf Schiermonnikoog liegen 118 Ertrunkene, die zwischen 1906 und 1968 auf der Insel angespült wurden, begraben. Siebzig von ihnen sind Opfer des Zweiten Weltkrieges. Ebenso wie auf den anderen Watteninseln waren auch hier die ersten angespülten Leichen Opfer der Schlacht um Dünkirchen, als englische und französische Truppeneinheiten zwischen dem 27. Mai und dem 4. Juni 1940 der deutschen Umzingelung entkamen. Viele der Opfer schafften es nicht bis nach England und wurden von der Strömung an der Küste der Watteninseln angespült.
Ameland
Am Ende des Krieges lagen auf Ameland 136 gefallene alliierte und deutsche Soldaten auf insgesamt vier Friedhöfen der Insel begraben. 52 der Opfer waren alliierte Besatzungsmitglieder, die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind. Die anderen Soldaten sind nach einem Schiffbruch an Land gespült worden. Nach dem Krieg wurden die sterblichen Überreste der amerikanischen Soldaten auf den Soldatenfriedhof in Margraten, Limburg, überführt. Die französischen und marokkanischen Soldaten wurden auf einen französischen Friedhof bei Kapelle in Zeeland gebracht.
Terschelling
Auf dem Gemeindefriedhof von West-Terschelling liegen 84 alliierte Soldaten begraben, hauptsächlich aus Großbritannien und dem Commonwealth. Zu Kriegsende lagen dort sogar 151 gefallene Soldaten. Die sterblichen Überreste der amerikanischen Soldaten wurden nach dem Krieg nach Margraten überführt, die der französischen nach Kapelle.
Noarderleech
In der Umgebung des Salzwiesengebietes des friesischen Noarderleech stürzten während des Krieges fünf alliierte sowie sechs deutsche Flugzeuge ab. Dabei verloren die meisten alliierten und deutschen Besatzungsmitglieder ihr Leben. In Hallum finden Sie auf dem Gemeindefriedhof noch drei Kriegsgräber. Einige Opfer wurden anderswo an Land gespült, zum Beispiel bei Harlingen, wo sie auch auf dem Gemeindefriedhof begraben wurden. Im Laufe des Krieges wurden auch die Körper von toten Besatzungsmitgliedern, die an anderen Stellen über dem Wattenmeer abgestürzt waren, mit einiger Regelmäßigkeit angespült.
Manchmal gelang es der Crew, das Flugzeug vorzeitig zu verlassen, wie bei der Short Stirling, einem mit Brandbomben beladenen Bomber auf dem Weg nach Emden. Dieser wurde am 7. Juni 1942 über Schiermonnikoog von einer Messerschmitt getroffen und stürzte auf einer Wiese beim Blije ab. Die acht Besatzungsmitglieder konnten sich mit einem Fallschirm retten. Unten angekommen, wurden sie festgenommen.
Manch ein umgekommenes Besatzungsmitglied wurde nie gefunden. Die Körper dieser Männer verschwanden im Boden des Watts, wie der des deutschen Piloten G. Wilhelm, dessen Messerschmitt Bf 109 sich am 16. Juli 1943 nach einem gescheiterten Sturzflug in den Boden des Salzwiesengebietes bohrte. In diesem Gebiet übten deutsche Flugzeuge neben Maschinengewehrangriffen das Abwerfen von Übungsbomben auf Holzschiffe. Die Stelle, an der Flugzeug und Pilot im Boden verschwunden sind, ist genau bekannt. Hier stand lange Zeit ein Zaun um das Feldgrab. Auf einer Informationstafel des deutschen Beobachtungspostens, der hier noch steht, können Besucher die Geschichte heute nachlesen.