Natur und der Atlantikwall

Von armeegrün bis moosgelb

 

Die Natur in der Wattenmeerregion hat beim Bau des Atlantikwalls stark gelitten. Die Ruhe wurde gestört, der Lebensraum von Pflanzen und Tieren wurde geschädigt und die Dünen wurden stark geschwächt. Dennoch fand die Natur schließlich ihren Weg zurück. Für eine Reihe von Arten sind die Bunker jetzt sogar ein willkommener Lebensraum. Förster Jan Willem Zwart schwingt sich aufs Rad und zeigt es uns.

Am Rande des Dorfes hält Jan Willem Zwart einen Moment an, wie er es auf dieser Bunkerroute noch öfter tun wird. In den Kriegsjahren habe dort eine große Feldküche gestanden, erzählt er. Heute ist nur noch eine kleine Erhebung im Gras zwischen dem Badweg und der Eislaufbahn zu sehen. Auch vom Radweg in den Dünen aus gilt es oft, aufmerksam nach Spuren des Atlantikwalls zu suchen. Sowohl Fragmente als auch komplette Bunker sind in der Landschaft versteckt, die meisten von ihnen nach all der Zeit unter einer dicken Sand- und Vegetationsschicht.

Hier und da ragt ein Stück Beton heraus und Jan Willem, wieder abgestiegen, zeigt uns eine mit Strandhafer bewachsene Kuhle hinter einer kleinen Düne. Das muss der Eingang zu einem Bunker sein. Ein Stückchen weiter sammelt er ein Schweinerippchen auf, das zwischen einigen Porzellanscherben im aufgewühlten Sand liegt. Müll, der von „Schatzsuchern“ ausgegraben wird. „Das ist natürlich nicht so schön, aber hier muss es irgendwo eine Küche gegeben haben.“ 

 

Das schöne ist, dass die natur leitzlich wieder die oberhand gewinnt

Auch weiter in das Dünengebiet vordringend - „Aufgepasst, da ist ein Loch!“ - scheint der Atlantikwall allgegenwärtig zu sein. Schießscharten, Munitionsbunker, ein Kommunikationsposten und alle möglichen anderen Bunker liegen in und unter einem großen Teil der Dünen verstreut. „Doch das Schöne ist, dass die Natur letztlich wieder die Oberhand gewinnt.“

Küstendünen sind außergewöhnlich


Zum Glück, denn auch wenn wir an Sandstrände und Dünen gewöhnt sind, sind Küstendünen weltweit eine Seltenheit. Nicht zu vergessen, dass Hunderte von Pflanzen- und Tierarten in den Dünen leben. Jan Willem freut sich, dass er als Koordinator des Managements von Natuurmonumenten auf Schiermonnikoog zum Erhalt dieses Naturschutzgebietes beitragen kann. Und auch der Militärgeschichte wird darin Raum gegeben.

Angriff


Die Ankunft der deutschen Soldaten war zunächst ein Angriff auf die Natur. Da die Feinde den Atlantikwall nicht bemerken sollten, wurden die Bauwerke so weit wie möglich in die Umgebung eingebettet. Mit all dem Sand und den Höhenunterschieden waren die Dünen ideal. Eine Menge Erde wurde abgeplaggt, um Schützengräben zu errichten, und Dünen (die unter anderem durch die jahrelange Einwirkung von Wind und Strandhafer entstanden) wurden ausgehoben, versetzt und bebaut.
 

Der Wassermannbunker zum Beispiel, der immer noch stolz auf der höchsten Düne von Schiermonnikoog steht. „Dafür wurden zuerst meterweise Dünen abgetragen, um die angrenzende Düne anschließend über den Bunker zu schütten“, erzählt Jan Willem. Ohne Strandhafer, der den Sand festhält, führten solche Eingriffe dazu, dass der Sand schneller wanderte. Andere Bunker wurden mit Tarnnetzen oder Sträuchern abgedeckt. Es entstanden viele Bunker, selbst ein komplettes Bunkerdorf. Pflanzen und Tiere hatten das Nachsehen. 

Die angrenzende düne wurde über den wassermannbunker geschüttet

Wer hätte gedacht, dass all der Beton, diese feuchten, oft unterirdischen und für den Menschen meist unzugänglichen Gebäude, heute einmal wichtige Orte für eine Reihe von Tierarten sein würden? Für Fledermäuse zum Beispiel, die dort überwintern und sich paaren. Auch Schmetterlinge, Wildbienen, andere Insekten und Amphibien wie Salamander nutzen diese Orte dankbar. Manche Tiere stören sich nicht an der Anwesenheit von Menschen, wie zum Beispiel im Museumsbunker Schlei. „Schau, dort oben sind Schwalbennester“, sagt Jan Willem. Etwas weiter unten verraten Gewölle die Anwesenheit von vermutlich Schleiereulen.

Wählerisch


Auch die wählerischen Flechten finden ihren Platz: auf verwittertem Beton, genau dort, wo die Temperatur stimmt, wo sie genügend Sonnenlicht und saubere Luft haben und es schön trocken ist. Doch wenn wir über Natur und den Atlantikwall sprechen, gibt es noch einen Pluspunkt. Jan Willem nimmt sein Fernglas und freut sich schon, als er auf den Wassermannbunker steigt: Das Dach bietet eine phänomenale Aussicht über die Natur von Schiermonnikoog.